Der Ostseeküstenradweg: Von Flensburg bis Stralsund

Nachdem wir im letzten Jahr zu spät für die Fahrradplatzreservierung gen Kopenhagen waren, wollten wir den Berlin-Kopenhagen-Radweg eigentlich dieses Jahr nachholen. Aber irgendwie fühlte sich dieser Radweg nicht so wirklich passend an und plötzlich stand da so etwas ganz Anderes im Raum: Der Ostseeküstenradweg. Das klang interessant, allerdings auch potentiell anstrengend, je nach Wetterlage, die man ja leider nicht vorher kennt. Doch je mehr wir dazu lasen, desto besser klang es; entsprechend besorgten wir uns Platzkarten für den Zug gen Hamburg - danach fährt man eh nur noch mit Regionalbahnen - und reservierten die ersten Unterkünfte.

Die Übernachtungen waren auch das, was uns die meisten Gedanken kostete: Die Ferien hatten zwar noch nicht begonnen, die Küste ist jedoch durchaus beliebt, und überall bekam man den Rat, doch lieber vorzubuchen. Angeblich wären die Leute Radlern gegenüber auch nicht sehr offen, die nur eine Nacht bleiben wollen. Das widersprach natürlich unserer Vorliebe, einfach so lange zu radeln, wie es Spaß macht und sich dann erst vor Ort umzuschauen. Diesmal wurde es ein Kompromiss: Von den zwei Wochen, die wir für den Urlaub hatten, reservierten wir die ersten sechs Tage vor, was kein größeres Problem darstellte. Für die restlichen Tage schauten wir morgens, was wir so als grobes Ziel anpeilen könnten und telefonierten spätestens am Nachmittag. Auch das funktionierte, wenngleich es manchmal mit mehreren Telefonaten verbunden war. In der Hauptsaison würde ich mir das aber schwer überlegen: das könnte schnell schief gehen.

Da wir an Ostern recht wenig Kilometer geschafft hatten, wenn auch krankheitsbedingt, und im Nachhinein betrachtet letztes Jahr an der Elbe recht wenig Pause eingelegt - was teilweise durchaus auch dem Weg zuzuschreiben ist, denn da war einfach wenig, was zum Auspacken der Picknickdecke einlud - wollten wir dieses Jahr lieber etwas weniger Kilometer fahren, öfter mal die Decke auspacken und ruhig noch mehr Zeit für das Fotografieren abzwacken. Das war auch ganz gut so, denn der erste Teil der Strecke war keineswegs plattes Land, wie man es der Küste so gerne zuschreibt, im Gegenteil ging es immer wieder hoch und runter. Nichts, was einem erfahrenen Alpenradler überhaupt auffallen würde, mich mit meiner relativ schwachen, körperlichen Verfassung hat es jedoch durchaus gefordert. Was schade ist, denn so rückt mein Wunsch nach einer Radtour in Norwegen immer weiter in die Ferne.

Aber zurück zur Ostsee: Der Radweg zwischen Flensburg und Stralsund ist sehr schön und ganz entspannt zu fahren. Der Großteil verläuft auf autofreien Straßen bzw. auf Straßen, auf kaum etwas fährt, teilweise auch auf Waldwegen. Angenehm in der Gegend war auch die Ruhe, die die Autofahrer mitbrachten: Wenn sie nicht überholen konnten, dann blieben sie halt hinter einem. Ohne zu drängeln, zu hupen oder sich irgendwann doch noch lebensgefährdend vorbeizuquetschen. Genau so, wie es sein sollte und eben offensichtlich auch problemlos sein kann. So weit möglich verläuft der Ostseeküstenradweg direkt bzw. nahe der Küste. Man hat also viel Wasser, oft auch Strand, auf dem man picknicken kann oder die Füße ein wenig ins Wasser strecken. Direkt an der Küste hat man auch immer wieder Toilettenhäusschen, was das lästige Ins-Gebüsch-Schlagen oder in Restaurants-Nachfragen (so man denn welche findet...) deutlich reduziert. Immer wieder fährt man jedoch auch durch das Landesinnere, vorbei an vielen Feldern, kleinen Dörfchen, und hat insgesamt viel Natur, was auch sehr schön ist. Ich fand den Radweg sehr toll und kann ihn durchaus weiter empfehlen, allerdings immer mit Blick auf die Jahreszeit und Saison. Im Hochsommer wären die ganzen Küstenorte sicherlich sehr überlaufen gewesen, was ich kaum als angenehm empfunden hätte.

Eine Fortsetzung soll es auf jeden Fall noch geben: Rügen ist noch mal eine angenehme Woche für sich, und Usedom fehlt auch noch, in zweifacher Hinsicht, da wir an Ostern ja auch nicht dort ankamen. Das macht noch mal rund zwei Wochen, die man gut für eine Spät-Frühjahrstour nutzen kann.

Strecke: von Flensburg bis Stralsund
zurückgelegt: ca. 704 km
Reisezeitraum: 5.6. - 19.6.
Wetter: in der ersten Woche wundervoll, sonnig und warm, in der zweiten Woche etwas durchwachsen, etwas kühler, teils Regen, aber insgesamt auch noch gut
Weg: sehr gut zu fahren, sehr ruhig
Beschilderung: teilweise sehr gut, zwischendurch dann wieder sehr schlecht bis gar nicht vorhanden
Schwierigkeit: im ersten Teil hügelig, aber problemlos machbar